Menschen werden in eine soziale Welt geboren. Wir leben, wachsen und entwickeln uns in Gruppen (Familie, Peergroup, Institution, ...). Unsere bewussten und unbewussten Bedürfnisse und Konflikte entfalten sich in Beziehungen und richten sich ein Leben lang an das soziale Gegenüber der Gruppe.
Vor dem Hintergrund der Grundannahme der lebenslänglichen sozialen Eingebundenheit, die auch wirksam bleibt, wenn wir einsam oder isoliert sind, nutzt die Dynamische Gruppenpsychotherapie (DG) die Gruppe als eigenes Therapie-Instrument.
Das Fachspezifikum
richtet sich an Personen, die Interesse an den Wechselwirkungen und Dynamiken in Gruppen haben, die prozess- und entwicklungsorientiert denken und psychische Störung in sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhängen verstehen.
ist eine eigenständige psychotherapeutische Grundorientierung.
befähigt zur psychotherapeutischen Arbeit mit Gruppen, Paaren und Einzelpersonen.
hat ihre Grundlagen in den Anfängen der Gruppenpsychotherapie in den 1960er Jahren und wird seit dem laufend weiterentwickelt.
reiht sich in die Tradition der psychoanalytisch-interaktionell fundierten Gruppentherapien ein.
ist eine etablierte und renommierte Ausbildung des Österreichischen Arbeitskreises für Gruppendynamik und Gruppenpsychotherapie (ÖAGG).
Das Fachspezifikum DG bietet fundierte Selbsterfahrung in Verschränkung mit Theorie und Praxis. Dem Erwerb psychotherapeutischer Kompetenzen wie Funktions- und Rollenklarheit, Wahrnehmungs- und Konfliktfähigkeit, der Reflexion der eigenen Person, ihrer Wirkung und der Wirkung psychotherapeutischer Intervention wird viel Raum gegeben.
Die Ausbildung basiert auf zwei zentralen Prinzipien: dem eigenverantwortlichen Handeln und der Selbstorganisation.
Sie setzen anhand des Curriculums die Reihenfolge der Ausbildungsschritte, wie sie ihrer persönlichen Entwicklung sowie der Erweiterung ihrer Kompetenz förderlich sind, selbst.
Die Bildung von ausbildungsbegleitenden Peergroups wird angeregt und eine Begleitung durch AusbildungsberaterInnen wird angeboten.
Sie können das Tempo und die Intensität selbst bestimmen, da die Ausbildung nicht in fixen Lehrgängen organisiert ist.
Zusätzlich bilden der Verein und die AusbildungskollegInnen ein soziales Netzwerk, das als Lernfeld genutzt werden kann.
Als Dynamische/r GruppenpsychotherapeutIn können Sie
Diagnostisches Wissen speziell zu interaktionellen Störungsbildern entwicklungsfördernd einsetzen.
Den Entwicklungsprozess von Gruppe und Einzelperson, inter- und intrapsychische Dynamiken in ihrer Wechselwirkung verstehen und analysieren.
Krisenhafte Entwicklungen auf gruppaler und persönlicher Ebene rechtzeitig erkennen.
Interaktionelles Interventionsrepertoire zielorientiert einsetzen, Reflexions- und Feedbackprozesse installieren.
Methodisch/technische Kenntnisse zu Konzept, Design und Intervention prozessorientiert handhaben.
Dynamiken in Institutionen wie z.B. Wechselwirkungen von Team-Klientel-Organisation erkennen und funktional damit umgehen.
Gemeinsame Veranstaltungen und Fortbildungen der Fachsektion GD.DG wie z.B. die jährlich stattfindenden Gruppendynamiktage bilden eine wichtige Basis für die laufende Qualitätssicherung. Orte der Reflexion sind außerdem selbstorganisierte Peer-Groups sowie regelmäßige Jour Fixes.
Grundsätze
Nach dem Verständnis der DG stellt sich die eigene Geschichte im „Hier und Jetzt” als Wiederbelebung der Gruppenzugehörigkeiten und deren Beziehungs- und Konfliktdynamik dar. Psychische Gesundheit und Krankheit sind nicht eindeutig abgrenzbar. Symptome und Störungen repräsentieren die Wechselwirkung von Individuum und Umwelt und sind daher nur im Zusammenhang gesellschaftlich kultureller Ordnung verstehbar.
Ziele des therapeutischen Prozesses im Einzel-, Paar- und Gruppensetting sind psychosoziale Reifung, Förderung von Autonomie und Selbstgesundung durch Erschließung der eigenen Gesundungspotenziale sowie insgesamt eine Entwicklung hin zu verbesserter Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit. Im Zentrum steht das Bewusstwerden von Abwehrmechanismen, Widerständen und inter- und intrapersonellen Konfliktinszenierungen, die zu jenen Störungen geführt haben, die als Barrieren seelischer Gesundung entgegenwirken. Durch die stattfindende Wiederinszenierung der Konfliktdynamik der einzelnen Personen im Kräftefeld des Gruppenprozesses wird psychosoziale Reifung angeregt. Wissenschaftlich evaluierte Wirkfaktoren sind u.a. interpersonales Lernen, die Erfahrung von Zugehörigkeits- und Akzeptanzgefühl, Wiederbeleben der Primärgruppen, Realitätsprüfung, Lernen aus interpersoneller Aktion und erhaltenem Feedback, teilnehmende Beobachtung.
Eckdaten
Bevor Sie mit der Ausbildung beginnen nehmen Sie Kontakt mit der regionalen Ausbildungsberatung auf. Diese steht für Fragen zu Inhalt und Ablauf der Ausbildung zur Verfügung und organisiert das Aufnahmeverfahren nach dessen positiver Absolvierung Sie jederzeit in die Ausbildung einsteigen können.
Das Aufnahmeverfahren besteht aus einem Beratungsgespräch mit der regionalen Ausbildungsberaterin, zwei Aufnahmegesprächen mit LehrtherapeutInnen, der Teilnahme an einem gruppentherapeutischen Seminar über mindestens 40 Arbeitseinheiten (T-Gruppe oder Sensitivity Training mit Abschlussgespräch) sowie der schriftlichen Bewerbung. Voraussetzung ist das absolvierte Propädeutikum.
Dauer
Auf Grund der selbstbestimmten Wahl der Module und des Lerntempos ist die
Dauer individuell unterschiedlich und beträgt erfahrungsgemäß mindestens 5
Jahre. Laut Curriculum sind mindestens 2160 Ausbildungsstunden zu
absolvieren (Theorie, Selbsterfahrung, Praktikum, eigene therapeutische
Tätigkeit unter Supervision).
Kosten
Aufnahmeverfahren (Bearbeitungsgebühr Euro 90.-, Kosten für Seminar und
Aufnahmegespräche ca. Euro 800.-). Ausbildungskosten ca. 32.000 Euro (exkl. Aufenthaltskosten), keine Semestergebühren.
Jährlicher Mitgliedsbeitrag im ÖAGG 170 Euro (Stand 2016) und jährlicher Ausbildungsbeitrag 100 Euro.